Alle Künstler wollen glauben, daß sie überhaupt irgendetwas durch ihr gewähltes Medium sagen können. Deshalb glaubten Maler wie Picasso, daß durch die Entwicklung einer geeigneten Metaphernsprache ein Bild vom inneren Menschen möglich würde. Ich glaube, das ist eine Täuschung, und daß die einzige Form der Kommunikation, welche eine Chance hat, den Dingen auf den Grund zu gehen, die Philosophie in einem erweiterten Sinne ist, der alle Sozialwissenschaften einschließt. Die Eitelkeit der Künstler erklärt vielleicht auch, warum Platon sie haßte, obwohl er selbst ein großer Dramatiker war.
Ich habe nichts dagegen, wenn Kunst lediglich dekorativ ist, aber ich mag keine Künstler, deren Kreationen nicht einmal ansatzweise angenehm sind, und die nicht einmal versuchen, etwas über unsere Welt zu sagen - Leute wie Jackson Pollock. Was hat der Betrachter von diesen selbstgerechten Exzesse? Die Griechen lachten über solche Leute. Wir machen sie reich und berühmt.
Sie können die Grenzen des künstlerischen Ausdrucks leichter in der Musik erkennen. Ich bin so empfindsam für den Wert von Musik wie irgendjemand. Ich spiele Violine und habe Dutzende von Barock-Studien komponiert. Aber so sehr ich das Prickeln liebe, welches meine Wirbelsäule am Ende der Kadenz des ersten Satzes von Brahms' Violinenkonzert hinaufsteigt, weiß ich, daß dieses Vergnügen körperlich ist und keine intellektuelle Erklärung, sozusagen, über die Welt, in der wir leben. Es repliziert einfach ein natürliches Gefühl, zu dem wir in dieser Welt fähig sind. Es ist schwieriger, zu erkennen, wie stumm Drama sein kann, aber für mich ist der Unterschied zwischen dem Drama und Philosophie, daß Dramatiker ihre Zuschauer gern zum Narren halten und nicht aufrichtig zeigen, was sie wirklich denken. Das ist in Ordnung, wenn Sie versuchen, zu vermeiden, auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden, aber Thomas von Aquin kann man nun wirklich keine Irreführung vorwerfen.
Ich weiß, daß das 19. und 20. Jahrhundert tapfer die Entdeckung des "inneren Menschen" verkündeten; das manchmal verlorene Individuum, das durch Konformität in einem System gefangen war, welches er weder selbst geschaffen hatte, noch verstehen konnte. (Denken Sie an die Dramen von Ibsen.) Aber als psychologischer Berater, der erfolgreich Leute veranlaßt hat, eben diese Probleme zu überwinden, weiß ich nur zu gut, wie leicht es für die Menschen ist, Ausflüchte zu finden, um zu erklären, warum sie sich nicht über ihre soziale Unterdrückung erheben und befreien können.
Die Hippies der 60er Jahre versuchten, uns ein lebendes Beispiel dessen anzuführen, was es bedeuten könnte, frei (oder zumindest ungehindert zu sein), aber wir alle wissen, daß die meisten von ihnen schließlich den Schwächen des Fleisches oder des Geistes nachgaben, und daß diejenigen, welche noch am Leben sind, kaum noch irgendwelche Ideale haben. Ich würde sagen, daß ich der letzte Hippie war, wenn ich nicht so viele andere Menschen kennen würde, die sich auch mit diesem ironischen Namen schmeicheln.
Nur um dieses Bild ein wenig zu trüben, möchte ich sagen, daß ich durchaus empfänglich bin für das, was man "Tiefenporträts" nennen könnte (d.h., solche, welche versuchen, das Innere des Menschen darzustellen), wenn mir die Metaphern eher zusagen als die von Picasso (oder Van Gogh). Zum Beispiel scheint Francis Bacons "Studie nach Velazquez Porträt von Pope Innocent X" (1953), eine gewaltsam groteske Interpretation der katholischen Prunks, eine einschneidende Charakterstudie von der Sorte Menschen zu sein, die immer weniger er selbst ist, je mehr sein Amt ihn vereinnahmt. Sie können eine vergleichbare Vorgehensweise in Ecco Homo von George Grosz sehen, und in den Politikerkarrikaturen, welche täglich weltweit in den Zeitungen erscheinen. Also, ja, ich bin überzeugt, daß diese "Dorian Grey"-Metapher etwas Allgemeinverständliches mitteilt.
Wie auch immer, ich denke, daß Freud dem, was als "Tiefenpsychologie" (die zwischen der äußeren und der inneren Menschen unterscheidet) bekannt wurde, großen Schaden zufügte, indem er sie auf die alte Vorstellung von einem "Unbewußten" erweiterte und diese gleichzeitig für sich "patentierte". Ehrlich gesagt, wird dieser Ausdruck von der breiten Öffentlichkeit so sehr mißverstanden, daß ich ihn als völlig nutzlos im alltäglichen Diskurs betrachte. Unser Verstand ist ständig aktiv auf einer Weise, welche keine Erinnerung erfordert, aber ein wahrhaft "unbewusstes Bewußtsein" wäre doch ein Widerspruch, oder? Stattdessen möchte ich unterscheiden zwischen mentalen Prozessen, auf welche wir unsere Aufmeksamkeit konzentrieren, und solchen, auf die wir uns nicht konzentrieren müssen, und an die wir uns nicht erinnern müssen. Erfordert das Binden unser eigenen Schnürsenkel ein "Unbewußtes"? Nein, tut es eben nicht. Genausowenig wie die Welt zu einem besseren Ort zu machen und sein Leben diesem Ziel widmen zu wollen.
Noch immer gibt es unzählige Opfer dieses Oxymorons in der Form von oberflächlichen Leuten mit dem nötigen Kleingeld, die noch immer nach dem richtigen Psychoanalytiker suchen, um endlich "herauszufinden, was sie "ticken" lässt. Dank Freud glauben viele von ihnen, daß sie "wirklich" ihre Väter töten und mit ihren Müttern schlafen wollen! Andere nehmen an, daß Psychiatrie ein Medikament für jede soziale Krankheit bietet. (Mein Freund hat ein Buch mit dem Titel "Platon, nicht Prozac" geschrieben, das ich diesen Leuten immer empfehle.) Schon Sokrates sagte uns: "Das unerforschte Leben ist nicht lebenswert". Und wie die folgenden Jahrhunderte Zeugnis ablegten, kann jeder sein Leben prüfen, und ein besseres Verständnis der Welt und die Beherrschung der eigenen Situation erreichen. Alles, was nötig ist, sind Ehrgeiz und etwas Unabhängigkeit. Natürlich hilft es, wenn einige dieser Seelen ihre Häupter erheben, sich zu ihrer vollen Größe als Menschen aufrichten, und eine öffentliches Beispiel für den Rest von uns setzen.