Frage: Wenn Polarität einfach die Art und Weise ist, wie Menschen nun mal sind, wieso sollten wir das studieren?
Die kurze Antwort: Aus dem gleichen Grund, aus dem wir Schwerkraft verstehen müssen.
Höhlenmenschen müssen nicht wissen, wieso ein Apfel nach unten fällt. Sie waren vermutlich schon glücklich, ab und zu in einer warmen, trockenen Höhle sitzen zu können. Sie mußten sich nicht um Steuererklärungen oder Stromrechnungen kümmern.
Nun, Menschen haben sich entschlossen, Schwerkraft zu studieren, und jetzt haben wir Brillen, und Du kannst Deinen entzündeten Blinddarm entfernen lassen, bevor er Dich schmerzvoll tötet, und Dein Kind hat gute Chancen, die ersten vier Lebensjahre zu überstehen — weil wir die Gesetze der Physik verstehen, und ein paar andere dazu. Wir können operieren, Lebensmittel lagern, Flugzeuge konstruieren und fliegen, einen MP3-Player bedienen.
Eine Gesellschaft, die die Gesetze der Physik versteht, kann ihre Lebensqualität dramatisch verbessern, einfach indem sie physische Bequemlichkeit schafft. Wir können ein heißes Bad im Winter nehmen, und wir haben klares, frisches Wasser im Sommer.
Eine Gesellschaft, die die Grundlagen der menschlichen Natur versteht, kann das Leben für ihre Mitglieder genauso dramatisch verbessern.
Stell Dir vor, Psychologen würden einen unglücklichen Jugendlichen, eine wütende Soldatin, die aus dem Irak zurückkehrt, und einen 50-jährigen, ausgebrannten Großstadtlehrer nicht nach demselben Muster behandeln.
Keine Lehrer, die Dich wie einen Idioten behandeln, nur weil Du introvertiert bist, während alle anderen aktiv und durchsetzungsfähig sind und "mehr aus sich herausgehen".
Keine Eltern, die ihre Tochter an der Rand zum Selbstmord treiben, indem sie ihr — Jahr für Jahr — sagen, "Ich wünschte, du wärst mehr wie dein Bruder", oder "Du bist zu empfindlich".
Kein hingefauchtes "Oh Männer sind doch alle gleich" von Deiner frustrierten Mutter — weil sie Menschen gut zu versteht, als daß sie diese — und sich selbst — nach ihrem Geschlecht in Kategorien einteilt.
Ich entdeckte Paul Rosenfels erst, als ich 27 war. Hätte ich Polarität verstanden, als ich 21 war, hätte ich wohl kaum Teile meines Lebens auf Eis gelegt "bis ich das Universum verstehe" und "bis ich genau weiß, was zum Geier ich hier mache". Ich hätte viel früher gelernt, gelegentlich Ratschläge anzunehmen von diesen scheinbar nervötenden, angsteinflößenden, bösen Maskulinen. Ich hätte früher gesunde Schlafgewohnheiten entwickelt. Ich wäre weniger hart zu mir selbst gewesen und meine Großmutter hätte sich weniger um mich gesorgt.
Nur weil Schwerkraft das Gesetz ist, an das ein Stein sich halten wird, heißt das noch lange nicht, daß Homo Sapiens die Gesetze der Physik sofort verstand und anwenden konnte. Im Jahr 2008 haben wir noch nicht alles verstanden. Nur weil Polarität die Art und Weise ist, wie Menschen ticken, heißt das nicht, daß wir das auch verstehen. Im Moment pflegen die meisten Menschen sehr traditionelle, und schädliche, Vorstellungen davon, wie ein Mädchen oder ein Junge sein sollten, und sie drängen diese Ideen der nächsten Generation auf. Die meisten Menschen betrachten sich als vollkommene Produkte, psychologisch gesehen, sobald sie die Schule beendet haben.
Vielleicht müssen nur rastlose, unconventionelle Menschen alles über Polarität lernen. Immerhin muß auch nicht jeder alles über Quantentheorie wissen. Vielleicht wird die Mehrheit nur ein paar Grundlagen verstehen — aber bereits das wird dramatische Auswirkungen haben auf die Art und Weise, wie Menschen einander behandeln — als Familien, als Fremde, als Arbeitskollegen.
Ich hoffe, wir erreichen einen Waffenstillstand zwischen konventionellen und kreativen Menschen. Das würde viele Kriege im Klassenzimmer, und in Elternhäusern beenden. Ich hoffe auf klügere Führungskräfte, die die Auswirkungen einer Handlung auf die Menschheit in sieben Generationen voraussehen können, statt wirtschaftlichen oder politischen Ideologien zu folgen. Ich hoffe auf Eltern und Lehrer und Bosse, die wissen, was sie tun, statt ihre Anstrengungen zu verdoppeln, wenn ihre Methoden und Ideen versagen.